Man muss den Vorgänger nicht kennen um Silence zu spielen. Es spoilert den Plot von Teil eins direkt am anfang gnadenlos.
Der Bunker in dem in dem Sadwick und seine kleine Schwester Renie grade sitzen wird von einer Bombe getroffen. Beide landen zusammen in der Welt von Silence. Die tolle Theorie von der unterbewussten Traumwelt des Vorgängers stimmt also vorne und hinten nicht.
Traumhaft ist die Welt von Silence aber dennoch: Renie und Sadwick stampfen durch antike Ruinen, mittelalterliche Städte oder friedliche Wäldchen. Nicht so friedlich ist dagegen der neue Plot: Eine falsche Königin regiert nun Silence und schickt schwarze Monster umher um die Splitter des Spiegels zu finden und ihn wieder zusammen zu setzen.
Entwickler Deadalic befreit sich so erfolgreich vom ersten Teil. Und auch von dessen schamlosen Anleihen bei Michael Endes unendlicher Geschichte.
“Silence – The Whispered World 2” ist ein Point&Click. Aber es gibt kein Inventar: Statt nevertötendem Durchprobieren von Inventarkrempel löst man die Rätsel jeweils mit den Dingen vor Ort. Der Mauszeiger gibt sogar Hinweise dazu. Das macht Silence zu einem relativ einfachen Rätselspiel. Es sei denn, man möchte unbedingt mit einem Controller Spielen: Dann kämpft man gegen eine hakelige Steuerung.
In den Rätseln werden die Figuren stark einbezogen. Etwa, wenn Renie unten kleine Trolle einfängt und sie durch ein Regenrohr zu Sadwick weiter oben pustet. Das Gameplay erzeugt so eine sehr dynamische und lebendige Spielwelt. Auch der Wechsel zur 3D Grafik schadet dem Spiel dabei nicht. Erkauft wird das aber mit längeren Ladebildschirmen.
Und: Von den märchenhaften Szenen hätte es gerne mehr geben dürfen. Deadalic stand unter großem Druck das Spiel nach langer Entwicklungszeit endlich rauszubringen. Deshalb gibt es nur sechs Stunden Spielzeit.
Die verbringt man allerdings mit lustigen und sehr liebenswerten Figuren. Neben dem depressiven Clown Sadrick und seiner impulsiven Schwester gibt es sprechende, oder sagen wir grummelige Steine, eine niedliche Raupe als Haustier oder die frechen Trolle, die das mit dem Regenrohr wirklich verdient haben. Das kann allerdings nie darüber hinwegtäuschen, dass es hier um Tod und Untergang geht.
Vor allem der sehr gelungene Kontrast zwischen den genretypischen ironischen Witzen ud der tieftraurigen Grundstimmung macht dieses bitter, *bitter*süße Spiel zu etwas Besonderem.
Wer also Pont&Click Spiele oder Fantasyabendteuer mag ist mit “Silence – The Whispered World 2” sicher gut bedient. Und durch den Dreh ins Psychologische setzt das Spiel sich auch gegen die üblichen High Fantasy Klischees ab.